Montag, 23. September 2019

Für Euch gelesen: Holunderbeeren - gehaltvolle Wildfrucht zum Nulltarif



Der aufmerksame Naturfreund sieht ab August mit Freuden, dass die an Wegrändern, Ufern oder auf Waldlichtungen zu findenden Holundersträucher die ersten reifen schwarzen Beerendolden in Richtung Boden hängen lassen.

Es gibt Holunder auch kultiviert im Erwerbsgartenbau, allerdings nur in geringem Umfang. Er wird dann in Hofläden und auf Wochenmärkten angeboten. Aber warum kaufen, wenn man die Früchte wild gewachsen fast überall sammeln kann?

Botanisch korrekt müsste man übrigens von „Steinfrüchten an Trugdolden“ sprechen; wir bleiben aber umgangssprachlich bei den vertrauten „Beeren“. Bis weit in den September hinein erstreckt sich die Sammelzeit für die wilden Holunderbeeren. Unabhängig vom Kalenderdatum endet die Holunderzeit spätestens dann, wenn das Laub fällt. Wer Holunderbeeren in freier Natur sammelt, sollte mit den Unterschieden zwischen dem „Schwarzen Holunder“ und dem giftigen „Zwergholunder“ vertraut sein. Letzterer ist eigentlich leicht zu erkennen: die Beerendolden sind nach oben gerichtet und nicht wie beim großen Bruder nach unten. Ferner stinken die Früchte – auf gut deutsch gesagt – erbärmlich. Als Dritter im Bunde ist „Roter Holunder“ zu nennen, seine Früchte lassen sich wie „Schwarzer Holunder“ verarbeiten.

Mit diesem Wissen gerüstet schreiten wir zur Tat und statten uns mit einem auswaschbaren Korb, einer scharfen Schere und Handschuhen aus: Mit der Schere die komplette Dolde mitsamt des Fruchtstiels abschneiden. Beim „Schwarzen Holunder“ nur vollständig durchgefärbte Dolden ernten, rötlich schimmernde Früchte werden herausgepflückt.

Der Versuchung von den rohen Früchten zu naschen, gilt es unbedingt zu widerstehen. In allen Pflanzenteilen des Holunders ist das Glycosid Sambunigrin enthalten. Ähnlich dem Gift der Tollkirsche, setzt es Blausäure frei. Wer Holunderbeeren roh verspeist, wird zumindest Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen erleiden. Kochen zerstört das Glycosid. Rote Holunderbeeren sind allerdings noch sorgfältig zu entsteinen, denn deren Kerne bleiben auch nach dem Erhitzen toxisch.

Die Früchte lassen sich zwar ein, zwei Tage in einer Frischhaltebox im Kühlschrank aufbewahren, aber je schneller sie verarbeitet werden, desto besser. Man kann Holunderbeeren prima zu Saft, Gelee, Sirup und Konfitüre verarbeiten. Das Aroma ist süß-säuerlich und etwas herb, Roter Holunder hat eine deutliche bitterere Note. Beliebt sind auch Holunderbeeren-Suppe und Holunderküchlein.
Im Mittelalter galt Holunder als „Universalmedizin“ und Sebastian Kneipp sagte einst: „Vor jedem Holunderstrauche möge man den Hut ziehen.“ In der Tat haben die Früchte einiges zu bieten, zum Beispiel 18 bis 25 Milligramm Vitamin C und 1,8 Milligramm Eisen je 100 Gramm. Dazu weitere Mineralstoffe, Vitamine und Ballaststoffe, ferner sekundäre Pflanzenstoffe wie Anthocyane und Gerbstoffe sowie ätherische Öle mit einem hohen Anteil an freien Fettsäuren.

Und hier ein Rezept für einen leckeren Holunder-Brotaufstrich:
Es werden 500 Gramm Gelierzucker 1:1 und 500 Gramm schwarze Holunderbeeren benötigt.
Holunderbeeren mit einer Gabel von den Dolden abstreifen, von Stielen und unreifen Früchten befreien und danach sehr gründlich waschen. Will man einen Fruchtaufstrich ohne Fruchtkerne erhalten, presst man die Beeren durch ein engmaschiges Sieb.

Holunderbeeren in einem Topf mit dem Gelierzucker mischen, mehrmals umrühren, bis alles wirklich gut vermischt ist. Die Masse mindestens 15 Minuten in Ruhe durchziehen lassen. Dann die Masse langsam erhitzen, zwischendurch immer wieder umrühren. Wenn die Mischung allmählich zu kochen beginnt, muss kontinuierlich gerührt werden. Insgesamt sollte alles mindestens 4 Minuten sprudelnd kochen.

Mit der Gelierprobe testen, ob der Fruchtaufstrich bereits lange genug gekocht hat: mit einem Esslöffel etwas Fruchtmasse auf einen kleinen Teller geben. Wird diese nach 1 bis 2 Minuten Abkühlzeit fest, wird auch der Fruchtaufstrich fest. Andernfalls die Kochzeit um 1 bis 2 Minuten verlängern und den Test wiederholen.

Anschließend die Masse aus dem Topf schöpfen und am besten mit einem Marmeladentrichter in die vorbereiteten Twist-Off-Gläser füllen. Wenn ein Glas voll ist (bis knapp unter dem Rand), schnell den Deckel aufschrauben und das Glas auf den Kopf drehen. Das Glas etwa 20 Minuten so stehen lassen, dann umdrehen und in Ruhe abkühlen lassen.

Holunderbeeren enthalten relativ wenig Pektin als natürliches Geliermittel. Zitronensaft unterstützt die Gelierung (Saft einer halben Zitrone auf 500 Gramm Holunder). Es ist auch eine gute Idee, Holunderbeeren mit Äpfeln zu mischen, die von Natur aus pektinreich sind. Auch Brombeere, Birne, Zwetsche und Orange harmonieren gut mit Holunder. Gewürze, sparsam verwendet, wie Zimt, Gewürznelken oder Wacholderbeeren sind denkbar. Letzten Endes sollte man ruhig ein wenig experimentieren, bis man seine Traumkombination gefunden hat.

Quelle: Bundeszentrum für Ernährung, Newsletter  33/19 vom 14.08.19, Autor: Rüdiger Lobitz

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